Die wichtigsten Punkte auf einen Blick:
- Seit März 2025 gibt es in der Schweiz verbindliche Rahmenbedingungen für automatisiertes Fahren, die Regelungen für autonome Shuttles (SAE Level 4), automatisiertes Parken und den Einsatz von Highway-Piloten (SAE Level 3) beinhalten.
- Die Schweiz verfolgt einen praxisorientierten Ansatz und schafft so Raum für innovative Entwicklungen.
- Die Schweiz geht einen Schritt weiter als Deutschland, indem sie spezifische Verhaltensregeln für autonome Fahrzeuge und deren Halter*innen im Straßenverkehr definiert.
- Die Genehmigung der Betriebsgebiete obliegt den kantonalen Behörden – ein dezentraler Ansatz, der Parallelen zum deutschen Modell aufweist.
- Geplant sind Revisionen der Verordnung innerhalb von fünf Jahren sowie Anpassungen des Straßenverkehrsgesetzes bis circa 2030, um kontinuierlich auf der Basis praktischer Erfahrungen zu optimieren.
Automatisiertes Fahren in der Schweiz: Vorbild für Europa
Am 1. März 2025 wurden in der Schweiz verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen für automatisiertes Fahren geschaffen. Ziel ist es, innovative Mobilitätslösungen zu fördern und gleichzeitig höchste Sicherheitsstandards sicherzustellen.
„Die Schweiz zeigt mit ihrer neuen Verordnung zum automatisierten Fahren, wie ein schlanker und praxisnaher Regulierungsansatz innovative Mobilität voranbringen kann. Dieser Ansatz kann als Vorbild für andere europäische Länder dienen“, sagt Christoph Ziegenmeyer, Vice President Communications & Public Affairs bei MOIA.
Ähnlich wie in Deutschland wird auch hier durch die neue Regelung Rechtssicherheit für autonome Mobilität geschaffen, um diese mithilfe praktischer Erfahrungen kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Was konkret beinhaltet die neue Verordnung zum automatisierten Fahren in der Schweiz?
Die Verordnung definiert konkrete Anwendungsfälle wie autonome Shuttles (SAE Level 4), automatisiertes Parken (Valet Parking) und den Einsatz von Highway-Pilots (SAE Level 3). Sie bietet autonomen Mobilitätsanbietern Rechtssicherheit und legt dabei besonderen Wert auf Flexibilität sowie Praxistauglichkeit. Während Fahrzeughalter dafür Sorge tragen, dass betriebliche Abläufe eingehalten werden, sind Hersteller verpflichtet, digitale Lösungen bereitzustellen, die diese Prozesse unterstützen.
Autonome Fahrzeuge, die in der Schweiz betrieben werden sollen, müssen eine Typgenehmigung gemäß den internationalen UNECE- und EU-Standards erhalten. Derzeit bedeutet dies, dass pro Serie jährlich 1.500 Fahrzeuge gemäß den EU-Vorschriften typgenehmigt werden können. Zusätzlich können auf Grundlage der schweizerischen Gesetzgebung pro Serie weitere 250 Fahrzeuge typgenehmigt werden. Eine Ausnahmeklausel ermöglicht zudem die Zulassung von Pilot- oder Einzelfahrzeugen, auch wenn diese noch nicht die vollständige Typgenehmigung erhalten haben – vorausgesetzt, dass die Sicherheitsstandards uneingeschränkt eingehalten werden.
Die Verordnung ist darauf ausgelegt, flexibel anpassbar zu sein. Als Verordnung – im Unterschied zu einem Gesetz – können Änderungen schneller vorgenommen werden, was angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen im Bereich autonomes Fahren von großer Bedeutung ist. Es wird erwartet, dass in den kommenden Jahren, innerhalb von fünf Jahren für die Verordnung und etwa 2030 für das Straßenverkehrsgesetz, weitere Anpassungen erfolgen, um praktische Erfahrungen und technologische Fortschritte zu berücksichtigen.
Die Genehmigung von Betriebsbereichen obliegt den kantonalen Behörden – ein dezentrales Vorgehen, das der schweizerischen Tradition entspricht. Gleichzeitig birgt dieser Ansatz das Risiko eines Flickenteppichs an unterschiedlichen Lösungen, wie er beispielsweise auch in Deutschland drohen könnte, wo die Verantwortung bei den Bundesländern liegt. Die Praxistauglichkeit wird sich also in der kantonalen Umsetzung zeigen.
Wie unterscheidet sich der Schweizer Ansatz von der Regelung zum automatisierten Fahren in Deutschland?
Ein wesentlicher Unterschied zur deutschen Regulierung im Bereich des autonomen Fahrens liegt in dem definierten Verhaltensrecht für autonome Fahrzeuge. So entfallen beispielsweise die Pflicht zur Mitführung von Warndreiecken oder Fahrzeugpapieren, sofern die entsprechenden Sicherheitsanforderungen anderweitig erfüllt werden. Zudem erlaubt die Schweiz automatisierte Diagnosen für autonome Fahrzeuge bei der sogenannten Abfahrkontrolle, was die Effizienz im Betriebsalltag erhöht.
Auch die Qualifikationsanforderungen an Betreiber sind weniger detailliert geregelt. Der Schwerpunkt liegt hier auf der betrieblichen Überwachung, der Kommunikation mit Fahrgästen und der Reaktion auf sicherheitskritische Ereignisse.
Welche Chancen bringt die Verordnung zum automatisierten Fahren in der Schweiz mit sich?
Mit der neuen Verordnung positioniert sich die Schweiz als Vorreiterin in der Regulierung autonomer Mobilität und bietet so einen möglichen Anknüpfungspunkt für weitere europäische Länder. Der Ansatz ermöglicht die Entwicklung von flexiblen und bedarfsgerechten Mobilitätsangeboten sowohl in urbanen als auch in ländlichen Gebieten.
Die Verordnung ebnet ebenfalls den Weg für autonome Ridepooling-Dienste in der Schweiz, die das Potenzial haben, den Individualverkehr zu reduzieren, die Straßeninfrastruktur effizienter zu nutzen und Emissionen zu minimieren.
Mehr zu den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen zum Thema automatisiertes Fahren in Europa im Blogbeitrag.